"Panta rhei"   -Alles fließt

QiGong - Die Arbeit mit dem Qi , der Lebensenergie

Schon bei den Klassikern der chinesischen Philosophie vor über 2300 Jahren finden sich Textstellen, die die Kenntnis spezieller Atem-, Meditations- und Bewegungsübungen anzeigen. Das Alter dieser Schriften verweist auf die lange Tradition und Entwicklung, sowie Bedeutung dieses Wissens.

Heutzutage gibt es unendlich viele Möglichkeiten QiGong zu praktizieren. Sie unterscheiden sich in ihren Ansätzen, Schwerpunkten und Abläufen, sind jedoch immer der Ausdruck einer ganzheitlichen Denkweise, der die Erhaltung der Gesundheit und der Vorbeugung der Krankheit zugrunde liegt. Die Tatsache, dass die chinesischen Ärzte nur dann bezahlt wurden wenn die Patienten gesund blieben, vermag es den Unterschied zu unserer westlichen Behandlungsweise zu verdeutlichen.


Essenziell für die Ausführung der Übungen ist die subtile Anleitung durch eine innerlich zentrierte Denkweise.
Die weich anmutenden Bewegungen des QiGong harmonisieren und regulieren die Einheit von Geist, Körper und Atmung, regen den Energiefluss in den Meridianen an und bewirken eine tiefverwurzelte Ausgeglichenheit. Die damit erzielte Beruhigung und Entspannung lässt das Qi im Laufe der Übungszeit frei und ungestört fließen und die so erreichte, stabile Gelassenheit ermöglicht den Aufbau eines dauerhaften Wohlbefindens und innerer Zufriedenheit.

Achtsamkeit - Übe achtsam zu sein, denn dadurch erlangst du deinen Frieden.

Im QiGong wird der Achtsamkeit ein besonderer Wert zugeschrieben. Diese unterscheidet sich sehr von der von uns bekannten Art der Entspannung. Es bedeutet keinesfalls etwa in uns „abzuschlaffen“ oder uns etwas zu entledigen. Im Gegenteil. Achtsam zu sein bedeutet alles was zu uns gehört zu integrieren, aufzunehmen, zu erfahren, um uns eins werden zu lassen. Umso gespaltener unser Verhältnis zu uns selbst ist, desto mehr Energie raubt es uns. Im QiGong leeren wir, was überfüllt ist. Jegliche Anspannung und das Sich-Festhalten an dogmatischen, engmachenden Strukturen, die von der Gesellschaft und der Außenwelt diktiert werden, loszulassen. Damit erschaffen wir Räume die mit frischer Energie und uns Selbst gefüllt werden können.
Schon im Reiterstand (im Stehen) erfahren wir, was es bedeutet aufrecht zu sein, im oberen Bereich leicht und unterem fest und tief verwurzelt zu stehen, wie es sich anfühlt zwischen Himmel und Erde aufgespannt zu sein. Die Last, die meist im Schulter und Nackenbereich zu spüren ist, über das untere Energiezentrum (unseren Beckenraum) und die Energieleitbahnen der Beine an die Erde abzugeben. Die dabei freiwerdende Kraft dient dazu, die Haltung vom Becken und unterem Rückrat neu aufzubauen, so dass Wirbelsäule und Oberkörper mit Leichtigkeit , wie von allein, Halt finden.
Die Vorstellung, uns immer wieder neu auszurichten und uns selbst in unserer Mitte zu begegnen wird auch in den Bewegungen der 15 Ausdrucksformen des Taiji-QiGong beibehalten.

„Eine Gesundheit an sich gibt es nicht und alle Versuche, ein Ding derart zu definieren, sind kläglich missraten. Es kommt immer auf dein Ziel, deinen Horizont, deine Kräfte, deine Irrtümer und namentlich auf die Ideale und Phantasmen deiner Seele an um zu bestimmen, was selbst für deinen Leib Gesundheit zu bedeutet habe. Somit gibt es unzählige Gesundheiten des Leibes.

     ~ Friedrich Nietzsche


Also finden wir selber raus was unserem Menschsein naheliegt und uns im Menschsein vereint.

15 Ausdrucksformen des Taiji-QiGong


Die 15 Ausdrucksformen des Taiji-QiGong sind eine harmonisch ausgewogene, aufeinander abgestimmte Übungsreihe, die eine Balance zwischen Yin (Innen) und Yang (Außen) schaffen.
Sie beinhaltet sowohl Sequenzen aus dem stillen, als auch dem bewegten QiGong.
Im Laufe der Zeit baut sie ein Fundament aus frischer Energie auf, sorgt für Ausgeglichenheit und einen freien Energiefluss.
Sie haben die Möglichkeit diese Übungsreihe in einer Gruppe zu erlernen.

Grundübung

Verweilen in drei Energiezentren:

    -im unteren Dantien
    -im mittleren Dantien
    -im oberen Dantien


Vorbereitungsübungen



  Stehen wie eine Kiefer
  Den Ball unter Wasser halten
  Tragen und umfassen


Ausdrucksformen



  Reguliere den Atem und beruhige den Geist
  Zerteile die Wolken und halte den Mond
  Den Ball nach links und nach rechts tragen
  Schiebe den Berg nach rechts und links
  Hände wie ziehende Wolken
  Der Kondor breitet seine Schwingen aus
  Der rote Drache spreizt seine Klauen
  Den Ball im Wasser halten
  Den Ball im Wasser rollen, rechts und links
  Der Pfau schlägt ein Rad
  Der weiße Kranich zeigt seine Schwingen
  Teile die Mähne des wilden Pferdes
  Zwei Ringe umfassen den Mond
  Strecke die Arme und beuge die Knie
  Der Elefant kreist mit der Hüfte


Abschlussübungen

Reibe Shenshu
Daimai ausstreichen
Laogongpunkte waschen


Verweilen in drei Energiezentren:

    -im oberen Dantien
    -im mittleren Dantien
    -im unteren Dantien

Fünf Wandlungsphasen - Die Medizin der Wandlung

Die Fünf Wandlungsphasen sind das Kernstück der chinesischen Medizin. Sie beschreiben alles, was im Universum existiert , und stellen es in eine höhere Sinngebung und Ordnung. Das Qi bedeutet Atem, Luft, Energie. Es ist die geheimnisvolle Kraft, die uns am Leben erhält, den unseren Körper steuert und uns ermöglicht zu denken. Das Wissen von der Lebenskraft ist uralt und führte zu der Erkenntnis, dass alles Lebendige von einer Kraft, dem Qi, gesteuert und im Gleichgewicht gehalten wird. Das Qi des Menschen fließt durch 12 reguläre Meridiane ( Energiebahnen), die sich in je 6 Yin- und 6 Yangmeridiane aufteilen, zusätzlich durch 8 Sondermeridiane, die das Yin und Yang des ganzen Körpers regulieren. Sie ermöglichen den Informationen sich schnell zu bewegen und in Bruchteilen von Sekunden im Körper zu verbreiten . Die fünf Wandlungsphasen – fünf Grundenergien des ursprünglichen Qi

Das Qi unterliegt einer ständigen Wandlung. Kann Qi ungestört zirkulieren so sind wir in der Lage zu wachsen und uns zu entwickeln. Wird dieser Fluss gestört kommt es zu Blockaden, die wiederum die Entstehung einer Krankheit begünstigen können. Für das Verständnis krankhafter Zustände oder gesundheitlicher Störungen sind jetzt nicht nur die Symptome und die Natur der pathogenen Einflüsse, durch die sie hervorgerufen wurden, wichtig, sondern auch mögliche energetische Zusammenhänge. Ferner werden jeder Wandlungsphase eine Jahreszeit, ein Organ, eine Emotion, eine Himmelsrichtung etc. zugeordnet.

Wasser-Niere-Blase-Winter-Norden-Ruhen-Überleben-Introversion-Existenz-Stabilität
Im Wasser geht es um unsere Fähigkeit, physisch-leiblich zu überleben. Mit der Wasser-Energie sind die Fragen nach Leben und Tod verbunden, Fragen wie „Wer bin ich ?“ und „ Wo komme ich her wo geh ich hin?“ . In den Ängsten um unsere Existenz liegt das Ausgangspotenzial, Vertrauen in Leben entwickeln und auf die Weisheit des Lebens zurückgreifen zu lernen. Es wird möglich, sich mehr und mehr dem Fluss des Lebens zu überlassen. Unsere Fähigkeit zu Stabilität und Sicherheit begründet sich im Wasser, wir können uns nach Innen wenden, unsere Willenskräfte entwickeln und kultivieren, und in Würde Alter und Tod annehmen lernen.

Holz-Leber-Galle-Frühling-Osten-Wachsen-Vitalenergie-Extraversion-Persönlichkeit-Wachstum
Die Holz-Energie ist die Grundlage für unsere Vitalenergie und Lebenskraft in jedem Lebensabschnitt. In ihr liegt die Fähigkeit , nach außen zu gehen, uns zu äußern und für unseren Lebensraum zu sorgen. Die Entwicklung unserer Psyche und Persönlichkeit, die mit jedem Lebensjahr reift, sowie die Regulation unserer Gefühle gehören zur Wandlungsphase Holz. So befähigt uns das Holz zu persönlichem Wachstum, Individuation, zur Übernahme von Verantwortung und der Entwicklung von Menschlichkeit und Menschenwürde. Holz ist die Qualität, der jedes Wachstum – körperlich, psychisch, intellektuell und spirituell – zugrunde liegt.

Feuer-Herz-Dünndarm-Sommer-Süden-Blühen-Freies Fließen-Inspiration-Herzensliebe-Bewusstsein
Die Feuer-Energie lässt alles frei fließen, so wie die Freude alles Komplizierte und Verknotete löst. Es birgt die Herzkraft, die uns voran trägt die die Menschen um uns inspiriert und begeistert. Das Feuer birgt in sich auch unsere Kapazität der Transformation, der Reinigung und der Läuterung. Es ist assoziiert mit der Entwicklung unseres Bewusstseins. Die Wandlungsphase Feuer hilft, Lebenswärme, Toleranz und Milde zu entwickeln. Sie befähigt uns zur Versöhnung und zu innerem Frieden, die die Voraussetzung für jeden tiefgreifenden Heilungsprozess sind. (Platsch: Was heilt-vom Menschsein in der Medizin, Theseus Vlg. 2. Auflage, 2008, S. 161 ff.) Durch die Energie des Feuers erfahren wir geistiges Wachstum und spirituelles Bewusstsein. Die Herzensliebe des Feuers ist die wesentlichste Kraft zur Heilung.

Erde-Magen-Milz/Pankreas-Spätsommer-Mitte-Reifen-Transformation-Soziale Beziehungen-Ausgleichendes Prinzip
Die Wandlungsphase Erde repräsentiert Reifung und Integration zu jedem Zeitpunkt unseres Lebens. In ihr spiegelt sich auch die Fähigkeit zu Beziehungen und sozialen Verbindungen. Die Erde steht für unsere Kapazität des Ausgleichs , der Verbindung und Verbindlichkeit, der Vernetzung und der Harmonisierung. Ihre Themen sind Fürsorge, Teilhabe und Dienen. Die Erd-Energie hilft, Erfahrungen und Fremdes in jeder Lebensphase zu transformieren und zu assimilieren. Sie hilft der Menschwerdung durch die Fähigkeit, Gegensätze zu vereinen und Frieden mit allen Aspekten in uns selbst und außerhalb zu finden. Jede Erfahrung, die wir in die Tiefe intergiert haben, wird im täglichen Leben bewusst und durchdringt alle Lebensbereiche.

Metall-Lunge-Dickdarm-Herbst-Ernten-Loslassen-Transzendenz-Verwesentlichung-Rückführung
Die Wandlungsphase Metall ist assoziiert mit der Fähigkeit loszulassen, zu lösen und zu erlösen. Im Metall erleben wir die Kapazität , frei zu sein für den jeweils nächsten Schritt, die nächsten Veränderung in unserem Leben. Die oft beschriebene Freiheit des Alters ist eine Folge zunehmender Gelöstheit. Sie ist jedoch eine Möglichkeit, die jeder Altersstufe zur Verfügung steht. Metall löst uns von Überkommenen und führt durch seine verdichtende und rückführende Kraft zum Wesentlichen und so in unsere Essenz. Metall birgt die Fähigkeit , das zu Ende gehende irdische Leben in eine weitere Ebene des Seins zu transzendieren. Essenzialisierung und die Unterscheidungsfähigkeit zwischen Unwesentlichem und Wesentlichem gehört zum unschätzbaren Potenzial des Metalls. So erfahren wir uns zunehmend als Teil eines größeren Ganzen und gehen über die irdische Form und Gestalt hinaus. Die Wandlungsphase Metall öffnet uns in einen weiten spirituellen Raum.
(Platsch: Die fünf Wandlungsphasen Urban & Fischer Vlg 2. Auflage 2009, S. 11-12)